Stephano

Ich schreibe schwule Geschichten aus tiefer Überzeugung. Egal, ob es einen Markt dafür gibt, oder ob ich nur ein paar Exemplare verkaufe. Und ich hoffe, dass ich damit Mut machen kann. Denjenigen, die noch in der Phase des Outings stehen, denen, die schon genau wissen, wohin sie gehören, und denen, die mit queeren Menschen solidarisch sind. Den letzteren möchte ich zurufen: Wir brauchen euch, steht hinter uns! Dabei weiß ich doch längst, dass meine Freund:innen und Kolleg:innen fest an meiner Seite stehen und mich unterstützen.
Aber warum ist das eigentlich so wichtig? Kann nicht heute jeder und jede so sein, wie er/sie es will?
Eigentlich ist es gar nicht meine Art, meine sexuelle Orientierung in der Öffentlichkeit vor mir herzutragen. Doch unsere Gesellschaft wird zur Zeit kälter und rauer. Die Gesetzgebung hat sich glücklicherweise zum Positiven geändert. Ich durfte meinen Mann heiraten und halte das immer noch für die beste Entscheidung meines Lebens. Und ich habe sehr viel Glück gehabt, denn ich bin im liberalen Umfeld einer Großstadt groß geworden, mit politisch und gesellschaftlich engagierten Eltern und mit toleranten Freund:innen. Doch dieses Glück habe nicht alle. In den Dörfern überall in unserer Republik, auf den Schulhöfen und bei den Familienfeiern kommt queeres Leben nicht immer so gut weg. Und die Menschen, die noch unsicher in ihrem Selbstverständnis sind müssen sich durchschlagen wie eh und je. Um diese Menschen zu unterstützen, braucht es Öffentlichkeit. Deshalb schmiere ich dir meine Schwulitäten hier brühwarm auf die Stulle.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich selbst als Vorbild tauge. Andere bieten sich dafür vermutlich besser an. Schauspieler:innen, Politiker:innen, Lehrer:innen. Aber ich kann Geschichten erzählen. Geschichten, in den ich das berichte, was in meinem Leben passiert ist – oder was ich mir gewünscht hätte. Manchmal auch das, was ich befürchte und wovor ich Angst habe. Denn ohne das eigene Leben, ohne individuelle Erfahrungen kann niemand gute Romane schreiben.

Wer nichts erlebt hat, hat auch nichts zu erzählen. Und vielleicht gibt es ja noch mehr Menschen da draußen wie den jungen Mann, der mir schrieb, er habe nach dem Lesen meiner Bücher den Mut gefunden, sich zu outen. Als ich seine Nachricht las, war ich ein kleines bisschen stolz auf mich. Noch heute kriege ich beim Gedanken daran Gänsehaut.
Wer immer noch glaubt, dass man einfach nur ein Buch schreiben muss, um reich, berühmt und erfolgreich zu werden – in den sozialen Medien werden mir entsprechende Anzeigen quasi täglich in die Timeline gespült – der lebt nicht in dieser Welt. Der Buchmarkt ist ein hartes Pflaster, in dem Schreibende viel Glück haben müssen, um Fuß zu fassen. Viele Jahre der Frustration gehören für die meisten dazu. Ich habe beim Gerstenberg Verlag vier Kinderbücher publiziert und bin damit lesend durch die ganze Republik getourt. Mal abgesehen davon, dass mich die Reiserei und die Lesungen fertig gemacht haben, haben sich dabei auch meine Hoffnungen auf den großen Erfolg zerschlagen. Aber die Kinderbücher sind ja nun mal da. Und als ich die Idee hatte, schwule Romane zu veröffentlichen, wollte ich vermeiden, dass Kinder auf diese stellenweise recht expliziten Bücher stoßen. Daher brauchte ich ein Pseudonym.
In den vergangenen Jahren habe ich immer wieder versucht, mit meinen schwulen Geschichten bei Verlagen unterzukommen. Leider ist das bislang nicht von Erfolg gekrönt. Das liegt an der zum Teil ziemlich konservativen Politik der großen Verlage, an deren Angst vor einem Flop und weil es immer wieder um Geld und Zielgruppen und Absatzmärkte geht. Klar, auch ein Verlag ist ein Unternehmen, das am Ende des Jahres schwarze Zahlen auf dem Steuerbescheid stehen haben sollte, sonst lohnt sich das Geschäft nicht.
Ich mag mich nicht verstecken und heulend hinter dem Sofa sitzen. Und ich glaube auch daran, dass sich gute Geschichten irgendwann durchsetzen werden. Natürlich könnte ich einfach andere Geschichten schreiben, um den Markt zu bedienen. Blöderweise habe ich festgestellt, dass ich das nicht auf die Kette kriege. Mich überfällt jedes Mal ein Schwall massiver Unlust, wenn ich mich mit Zielgruppenanalysen und Marketingstrategien beschäftige. Und mal ehrlich: Wozu habe ich all das getan, was ich in den letzten Jahrzehnten getan habe, wenn ich jetzt den Schwanz einziehe und mich dem Markt beuge?
Ich tue, was ich für richtig halte. Und das tue ich gerne. Nicht immer so konsequent, wie ich mir das wünsche. Aber immerhin bin ich hier und nicht in Berlin. (Wer will schon nach Berlin?)

Aber leider geht es in der Auswahl der Manuskripte nicht immer um Qualität und eine pluralistische Gesellschaft. Meine Projekte haben bislang nicht in dieses System gepasst. Und weil ich meine Ideen nun mal in die Welt bringen will, weil ich immer wieder die Rückmeldung bekomme, dass meine Texte nicht nur gut, sondern auch wichtig sind, habe ich schließlich die Entscheidung getroffen, meine Projekte selbst in die Welt zu bringen. Und genau das tue ich nun mit steigender Begeisterung.
Auch wenn sich die Welt seit meinem Outing verändert hat und die Gesellschaft queere Menschen immer mehr akzeptiert, ist es heute immer noch ein langer Weg, sich zu outen. Dieser Weg war und ist weiterhin individuell und abhängig davon, wie das Umfeld aussieht. Immer wieder fehlen die Vorbilder, immer noch gibt es auf den Schulhöfen die Beschimpfungen „schwule Sau“ und immer noch wird viel zu oft weggesehen, wenn ein queerer Mensch unter der Belastung zusammenzubrechen droht. Und das passiert vielen!
Ich möchte mit meinen Texten dazu beitragen, dass dieser Weg ein wenig leichter wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch durch schwierige Zeiten kommen, wenn wir zusammenhalten!
Wer mich bei meiner Arbeit unterstützen will, kann sich in meinen Newsletter eintragen und erfährt dann immer sofort, wenn es etwas Wichtiges von mir zu berichten gibt. Allerdings auch nur dann. Denn ich hasse Newsletter, die ständig in mein Postfach flattern und mich mit uninteressanten Infos nerven.
Wozu das nun alles? Habe ich das nur aufgeschrieben, weil ich Langeweile habe? Oder gibt es ein höheres Ziel dahinter? Eine Mission? Vielleicht sogar Geschenke oder einen dieser Buttons, der euch das Glück auf Erden und die Lösung aller Probleme verspricht? Nein. Bei mir gibt’s bloß Geschichten. In Buchform. Gedruckt und digital. Die meisten sind für Erwachsene, die nicht sofort vor Scham rot werden, wenn sie von Geschlechtsverkehr lesen. Aber da es in meinen Texte natürlich nicht nur ums Pimpern geht, sondern vielmehr die Figuren und ihre Entwicklungen im Zentrum stehen, trauen sich auch heterosexuelle Menschen an meine Roman heran. Außerdem gibt’s einen Roman für Jugendliche: Eine waschechte Coming-Out-Geschichte.
mit freundlicher Genehmigung.
Unbezahlte Werbung.