Leseprobe Alles auf Anfang | Tomke Bekker
Exklusive Leseprobe
›Alles auf Anfang‹
Tomke Bekker
Ich konnte nicht anders, ich musste ihn anstarren. Mein Blick wanderte von den beiden Drinks in seiner Hand zu seinem athletischen Oberkörper unter dem verschwitzten T-Shirt und dann zu dem Paar dunkelblauer Augen, das mich auffordernd anblickte.
Das musste ein Scherz sein. Dieser unfassbar heiße Typ stand tatsächlich vor mir und bot mir einen Drink an? Die Tanzfläche war voll von attraktiven Männern. Wieso kam er zu mir? War das ein Trick? Ein Witz auf meine Kosten?
Ich riss mich zusammen und überwand mich zu einem Lächeln. Von meiner dämlichen Paranoia würde ich mir diesen Moment nicht zerstören lassen. Der Kerl trug einen gepflegten Bart, enge Jeans und der V-Ausschnitt seines T-Shirts ließ die Umrisse eines Tattoos erahnen. Zugegeben, ich hatte eine Schwäche für Hipster.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich ihn immer noch wie ein verknallter Teenager anstarrte, und senkte den Blick. Gott, wie peinlich. Ich nickte ihm zu und nahm ihm den Cuba Libre aus der Hand. »Danke, kann nicht schaden. Verdammt heiß hier drin.«
»Kannst du laut sagen.« Er hob das Glas und wir stießen an. Obwohl die Musik immer noch aus den Boxen dröhnte, blendete ich sie vollständig aus. Ich glaubte sogar, die Eiswürfel im Glas klirren zu hören. Er trat einen weiteren Schritt auf mich zu und überbrückte die letzte Distanz. Jetzt war er mir so nah, dass ich ihn hätte berühren können. Trotzdem musste er regelrecht schreien, damit ich ihn hören konnte. »Bist du allein hier?«
»Ja. Also … nein. Phil hat mich eingeladen. Philipp Koschwitz.«
»Phil? Der ist doch stockhetero?«
»Ja. Leider.«
Er lachte und neigte sich noch weiter zu mir. Sein Haar kitzelte mich an der Wange und mein Puls beschleunigte. Gott, dieser Duft … Eine Mischung aus Schweiß, Bartöl und holzigem Parfum. »Willst du tanzen?«
Ich zögerte. Die Musik war so gar nicht meins und ich hielt mich für einen grauenhaften Tänzer. Aber scheiße, gerade war mir das völlig egal. Wir stellten unsere Gläser beiseite und ich nickte. »Klar. Ich bin übrigens Kai.«
»David. Wollen wir?«
Ich folgte ihm hinunter in die Menge und begann mich etwas unbeholfen zur Musik hin und her zu wiegen. David hingegen war sofort in seinem Element. Er bewegte sich so selbstbewusst mit den Beats, dass ich meine Bedenken rasch verlor und mich einfach mitreißen ließ. Der nächste Song war ruhiger, langsamer. Ich fing Davids Blick auf. Er kam näher und ich spürte seine Hände an meiner Hüfte. Mein Blut schien in der Hitze zu kochen, ich konnte kaum glauben, dass das alles wirklich passierte.
David zog mich zu sich, schob seine Hüften gegen meine und ich legte die Hände zögerlich auf seine Taille. Ob er spürte, dass ich einen Ständer hatte? Wollte ich, dass er es spürte?
Seine Finger wanderten über mein Becken, tiefer, streiften meinen Hintern. Für einen Moment hielt ich vor Anspannung die Luft an, dann tat ich es ihm gleich und legte die Arme um ihn. Die erste Unsicherheit verflog, wich Neugier und Begierde. Der Song ging in einen weiteren über, diesmal mit schnellerem Beat, und ich verlor mich im Rhythmus. Gerade war mir egal, ob ich lächerlich aussah, die Musik und Davids Tanzstil rissen mich schlicht und ergreifend mit.
[Alles auf Anfang | Datum der VÖ: 02. April 2020]
© Text und Cover: Tomke Bekker, Casandra Krammer;
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.
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