27. Juli 2024

Fehlende Mitarbeit fördert fehlende Sichtbarkeit

Grafik: Mohamed_hassan von Pixabay

Hallo Zusammen!
Die folgenden Zeilen sollten uns allen sehr wichtig sein. Bitte lest sie.

Gefällt Euch das, was wir machen? Eine Frage, die wir uns seit einiger Zeit immer wieder stellen.

Im August 2023 besteht unsere Idee mit ›Wir schreiben QUEER‹ (kurz WSQ) Autor*innen, Blogger*innen und Verlage unseres Genres zu unterstützen, indem wir Neuerscheinungen, aber auch ältere Bücher, Aktionen der Autorenseiten und Rezensionen der einschlägigen Blog-Seiten mit einem individuell gestaltetem Beitrag auf einer eigens dafür ins Leben gerufenen Plattform bewerben, bereits vier Jahre.

Hinzu kommen von uns ausgedachte Aktionen, die ebenfalls helfen sollen, dem queer-literarischen Genre und all den dort Aktiven eine bessere Sichtbarkeit für ihr Schaffen zu ermöglichen.

  • Wir veröffentlichen Leseproben zu neuen und älteren Büchern.

  • Wir bieten Autor*innen und Blogger*innen mit und ohne eigene Webseite eine Möglichkeit, sich über ein persönliches Profil und mit eigenen Worten ihrem Leserpublikum vorzustellen.

  • Wir bieten an, uns signierte Prints zu schicken, welche wir bewerben und gratis gegen eine geringe Portopauschale an interessierte Leser*innen verschicken, um die Zahl der Rezensionen für diese Bücher zu erhöhen.

  • Wir haben ein queer-literarisches Award-Programm ins Leben gerufen – das erste seiner Art für deutschsprachige Bücher aus dem Verlagswesen und dem Self-Publishing – in welchem Romane in sieben Kategorien nominiert werden können. In welchen Newcomer*innen noch einmal eine besondere Sichtbarkeit durch eine zusätzliche Kategorie erhalten, in welchem die Cover-Designer*innen durch eine weitere Kategorie für ihre Kunst prämiert werden können und letztendlich auch Blogger*innen die Möglichkeit gegeben werden soll, Wertschätzung für ihre liebevoll und ausführlich verfassten Rezensionen zu Romanen mit queerem Content zu erfahren.

Diese Plattform soll hilfreich sein. Sie soll vernetzen. Sie soll gebündelt alles zeigen, was wir – die wir Aktionäre in dieser Szene sind – zu bieten haben. Wie groß die queer-literarische Szene inzwischen geworden ist, und dass sie längst aus der vermeintlich ›schmutzigen‹ Nische, in welche sie immer wieder irrtümlich gesteckt wird, herausgewachsen ist. Außerdem soll sie in der uns bekannten heteronormativen Welt die Angst vor queeren Personen nehmen. Sie soll Akzeptanz, Verständnis und ein Miteinander in jeglicher Form entstehen lassen. DAS war im Sommer 2019 die fixe Idee, aus der Großes für uns alle wachsen sollte.

Wir betreiben diese Plattform zu zweit. Neben unseren Hauptberufen, haben wir beide Familien und Freundeskreise, unsere Tätigkeiten als Autor und Bloggerin und weitere Hobbies. WSQ verbraucht wöchentlich zusätzlich 20-25 Stunden unserer Freizeit. Für JEDEN von uns. Wir teilen uns also eine Vollzeitstelle von 50 Stunden. Aber wie kommen diese Stunden zusammen?

  • Deutschland verlangt akribisch angelegte Datenschutzerklärungen, die monatlich mühsam aktualisiert werden müssen, da man sonst Gefahr läuft, mit einer mindestens vierstelligen Summe abgemahnt zu werden. Es gibt Anwaltskanzleien, welche sich darauf spezialisiert haben – es ist also eine zwingende Notwendigkeit, sich mit diesen trockenen Texten auseinanderzusetzen – Stunden gehen dafür drauf – die man auch anders verbringen könnte.

  • Für die Beiträge müssen die Bücher erst einmal akquiriert werden (welche Neuerscheinungen hat es eigentlich gegeben?), Verlags- und Autoren- Aktionen gesichtet, Messen beachtet, passende Bilder ausgesucht und die Informationen zusammengetragen werden. Die Beiträge müssen Korrektur gelesen und geplant werden. Jede Woche stellen wir Euch einen Wochenrückblick zur Verfügung, in welchem all die Beiträge der vergangenen Woche noch einmal mühevoll zusammengetragen werden, damit Ihr sie via Tag (#……) leicht wiederfindet.

  • Da die Beiträge oft zu lang für unsere Instagram Plattform sind, wird jeder einzelne manuell in unser Instagram-Profil übertragen und muss entsprechend gekürzt werden.

  • Die Postfächer unserer Facebook-Seite, Instagram-Seite und unserer Webseite müssen betreut und die Nachrichten dort beantwortet und bearbeitet werden.

  • Für die Aktionen der Leseproben und Katalog-Profile auf unserer Webseite müssen Seiten erstellt und gestaltet werden, Bilder ausgesucht und individuell bearbeitet werden, Texte übertragen und dreifach Werbebeiträge (für die Webseite selbst, Facebook und Instagram) geschrieben werden.

  • Für die Queeries müssen Listen gepflegt werden, welche Bücher zur Verfügung stehen, welche versandt wurden, wer bereits eine Rezension wo hinterlassen hat – und wenn diese ausbleiben, beginnt das mühsame Hinterherlaufen. Auch hier erstellen wir auf der Webseite eine Auswahl der Bücher, übertragen Klappentexte und Informationen, verlinken Autor*innen, erstellen ansprechende Werbebilder. Wir packen die Bücher ein, legen neben den Goodies der Autor*innen noch von unserem eigenen Geld selbst gebastelte kleine Geschenke mit hinein und bringen sie zur Versandstelle. Die anschließenden Rezensionen werden gesichtet und mit ihnen Beiträge erstellt, um die jeweiligen Bücher nochmalig zu bewerben.

  • Für das neue Award-Programm müssen nach Möglichkeit alle publizierten Bücher des Jahres in die Vorauswahl-Listen eingetragen werden (pro Monat etwa 50-100 Bücher), zusätzlich werden sie in die noch nicht öffentlich zugänglichen Umfrageprogramme eingetragen und anschließend noch in die WSQ-Award-Gruppe in einen eigenen Beitrag, damit es transparent bleibt, Verlage, Leser*innen und Autor*innen sich auf dem Laufenden halten können und NATÜRLICH auch mitmachen können. 

Aber genau daran scheitert es. An der fehlenden Mitarbeit, welche fehlende Sichtbarkeit für uns alle fördert.

Natürlich – niemand hat uns um die Existenz dieser Plattform gebeten. Es war unsere Idee, die wir spontan umgesetzt haben. Umgesetzt, weil wir der Meinung waren, dass dies hilfreich ist und dringend etwas getan werden musste bzw. getan werden sollte.

Und  ehrlich? Eigentlich machen wir das alles auch tatsächlich gerne. Die wenigen Kommentare der Autor*innen, die sich über die Beiträge zu ihren Büchern freuen und auch der vereinzelten Blogger*innen, welche sich  für das Posten ihrer Rezensionen bedanken (oh – und wir sehen dies als Zusammenarbeit – schließlich helfen diese Rezensionen ja!) – geben uns immer wieder einen kleinen Motivationsschub, dass unsere Idee eine Chance hat.

Daneben steht aber allzu häufig Enttäuschung und ein stetig wachsendes Gefühl von Resignation durch die Nichtbeachtung und die fehlende Aktivität unserer Follower*innen. Hier meinen wir vor allem Facebook, denn auf Instagram verhält es sich glücklicherweise noch einmal etwas anders.
Autor*innen, die sich viele Gedanken über einen ansprechenden Text gemacht haben, der sie und ihr Schaffen vorstellt, erfahren für ihre Katalog-Profile oftmals recht wenige Reaktionen. Ähnliches bei den Leseproben, welche sie liebevoll ausgewählt haben und gespannt auf die Reaktionen warten, die ihre Geschichten vielleicht hervorrufen werden. Gelesen werden diese Beiträge hingegen sicherlich, aber warum kann man das Miteinander nicht fördern und der/dem Kolleg*in  oder der (noch unbekannten) Autor*in nicht einen Like dalassen und Facebook so deutlich machen, dass diese Beiträge eine Berechtigung im allgemeinen Algorithmus haben? Was kostet dies? WSQ wurde doch erschaffen,  um GERADE die Sichtbarkeit auf Facebook zu erhöhen, da Facebook die Beitragsreichweite eben zunehmend einschränkt, sofern es sich um keine Business-Seite handelt, die dem Meta-Konzern Kohle einbringt. Wenn aber keiner von Euch diese Beiträge liked oder auch ab und an teilt, ist die Idee von WSQ zum Scheitern verurteilt, da die Beiträge Null Chance haben, User*innen welche WSQ noch nicht kennen, im Newsfeed als mögliche interessante Seite angezeigt zu werden. So funktioniert das System nämlich.

Die Wahlen zum ersten WSQ-COMMUNITY-AWARD 2022 erfreuten sich einer guten Frequentierung, die Votings wurden eifrig besucht – ein Grund für uns, diesen Versuchsballon im nächsten Jahr aufwändiger zu gestalten und ihm mehr Professionalität und Ansehen zu verleihen. Doch inzwischen fragen wir uns immer häufiger, ob dieser Award überhaupt von Euch gewollt wird?

Tatsächlich werden für die Vorauswahlen vergleichsweise zu wenig Bücher vorgeschlagen. Es scheint fast so, als wäre im Jahr 2023 kaum ein Buch dabei gewesen, welches es verdient hätte, für die Vorauswahlen vorgeschlagen zu werden – außer das eigene. Wir meinen: Ein Schlag ins Gesicht für die Autor*innen, die monatlich stolz ihre Buchbabys publizieren. Und wir finden: Es ist auch nicht okay und steht im krassen Gegensatz dazu, was unsere Community eigentlich erreichen möchte, denn schließlich lesen wir doch immer wieder die Frage, was man denn noch für ›unsere Autor*innen‹ tun kann, damit ihre Geschichten gesehen, gelesen und in die Welt hinausgetragen werden?

Daher sind wir nun dazu übergegangen, die Bücher nach Möglichkeit selbstständig zu akquirieren  – damit überhaupt eine Vorauswahl zustande kommen kann und um den ›Schlag ins Gesicht‹, in dieser ersten Phase des Awards, abzufangen. Erneut eine Menge  Arbeit – aber:  In der WSQ-Community-AWARD-Gruppe auf Facebook herrscht eisiges Schweigen. Unsere monatlichen Aufrufe, dass die Bücher des vergangenen Monats nun vorgeschlagen werden können, erhalten nicht mal eine einzige Reaktion. Kein Like – kein Teilen des Beitrags, um den Award bekannter zu machen und ihm dadurch auch mehr Bedeutung zu verleihen. Nichts. Auch nicht in den einschlägigen Gruppen, in denen wir diesen Aufruf teilen. Wir erhalten kaum Vorschläge via Mail oder über die Privaten Nachrichten der Sozialen Netzwerke. Nur sehr wenige Bücher werden via Kommentar vorgeschlagen – was tatsächlich ausschließlich über Instagram passiert. Ist es richtig, dass von keiner Seite aus, ein Interesse besteht? Oder sind die bisher erschienen Bücher wirklich keinen Vorschlag wert?

Seht uns diesen Beitrag nach. Wir sind frustriert und resignieren allmählich. Und wir verstehen nicht, warum das so sein muss. Neben all dieser Zeit in unserer Freizeit investieren wir nämlich auch viel privates Geld für die Idee einer uns alle vernetzenden Plattform:

  • wir bezahlen für den Webspace unserer Webseite

  • für Design-Plugins, welche uns helfen, die Beiträge auf unserer Webseite professionell und ansprechend zu gestalten

  • für Plugins, welche gewährleisten, dass wir die erforderlich rechtlichen Cookie-Konsens Regeln einhalten

  • für Plugins, welche uns helfen, dass die Beiträge unserer Facebook-Seite unkompliziert in den Newsfeed auf unserer Webseite übertragen werden – und damit auch Leser*innen über die sozialen Netzwerke hinaus, erreichen

  • für Plugins, welche uns helfen, den Spam, der über unsere Webseite hereinkommt, von dieser fernzuhalten und aus unseren Postfächern rauszufiltern

  • wir bezahlen letztendlich für Professionalität und ein seriöses Auftreten

Wir können niemanden zwingen, dieser Idee von ›Wir schreiben QUEER‹, durch mehr Likes, Reaktionen, durch ein paar freundliche Worte in einem Kommentar, durch das Teilen der Social-Media-Beiträge, durch das Mitgestalten der vielen Aktionen, die wir für Euch ins Leben gerufen haben, zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen.

Ihr dürft handeln, wie Ihr wollt. Dieser Beitrag erfüllt nicht den Zweck einen Zugzwang zu generieren, aber wir müssen ehrlich miteinander sein:  Es ist allmählich zermürbend für uns, unsere Autoren- und Blogtätigkeiten stagnieren immer mehr, und wenn all unsere zeitlichen und finanziellen Investitionen, in keinem Vergleich dazu stehen, ob unsere Arbeit für  WSQ überhaupt als sinnvoll erachtet wird und ferner unsere Aktionen überhaupt gesehen, genutzt, geschätzt und gewollt werden, müssen wir uns ernsthafte Gedanken machen, ob es WSQ im nächsten Jahr, wenn die jährlichen Rechnungen erneut eintrudeln, noch geben soll.

Daher noch einmal unsere schlichte Frage: Gefällt Euch das, was wir machen?

Fest steht: Es muss sich etwas ändern. Da kommen wir nicht drum herum – egal wie wir es drehen und wenden.
WSQ braucht Eure Reaktionen, Eure Mithilfe und Eure aktive Mitarbeit, um weiter existieren zu können. Das wäre Euer Job – wenn Ihr diese Plattform behalten und als sinnvoll und wertvoll für Euch und die queer-literarische Szene erachtet. Wir erledigen den nicht unerheblichen Rest und opfern dafür 50 Stunden unserer Freizeit. Und in diesem Fall tun wir es dann aber auch sehr gern.

Danke allen, die bis hierhin gelesen haben.

Tris und Jayden