Ronja Klein
Der beste Teil des Tages ist die Rückzugszeit in die Fantasie. Ob ich schreibe oder lese – ich muss der Realität entfliehen, und das schon, seit ich denken kann. Schreiben ist meine Art, auszudrücken, was ich mit gesprochenen Worten nicht kann.
Die Welt war mir immer schon zu laut, zu viel, zu unlogisch. Reizüberflutung ist Alltag. Aber in Geschichten? Die kann ich formen und so gestalten, wie ich mir die Welt wünsche. In ihnen kann ich Menschen sichtbar machen, die sonst untergehen, und Gefühle benennen, für die das Leben keine Sprache hat.
Ich lebe mit Depressionen. Lange Zeit hat es sich angefühlt, als würde ich einfach nur funktionieren, nie wirklich leben. Schreiben war für mich nie ein Hobby – es war eine Überlebensstrategie. Jedes Wort, das ich auf Papier bringe, ist ein Schritt zurück zu mir selbst. Die Geschichten, die ich schreibe, haben mir geholfen, meine eigene wiederzufinden. Schreiben heilt. Nicht alles, nicht immer, aber oft genug, um weiterzumachen.
Meine erste queere Serie hat mir gezeigt, dass ich nicht falsch bin. Mein erstes queeres Buch hat mir gezeigt, wer ich bin. Ich schreibe queere Geschichten, um Menschen wie mich zu ermutigen, ihnen einen Raum zu geben, in dem sie sich erkennen – ohne sich erklären zu müssen.
Wie oft gehe ich durch Buchläden und erkenne mich in den Geschichten nicht wieder? Ich schreibe Bücher, die mein jüngeres Ich gebraucht hätte. Bücher, die flüstern: Du bist nicht allein. Du bist nicht falsch. Du bist genug.
Mein Herz schlägt besonders für Fantasy. Ob düstere Urban Fantasy mit Vampirinnen und Hexenzirkeln, märchenhafte Welten voller Magie oder die reale Welt mit nur einem Hauch Magie, ich liebe alles. Ich schreibe auch queere Romanzen, doch für mich muss Romantik nicht immer das Zentrum der Geschichte sein. Ich liebe Frauen in Rüstungen und mit Vampirzähnen – Zwinker – doch ich schreibe sie nicht, weil sie jemandem gefallen sollen, sondern weil sie sich selbst gehören.
Was ich eher beiseitelege, sind Bücher ohne jede Spur von Magie. Wie schon gesagt, möchte ich der Realität ja entfliehen. Und darum darf in meinen Geschichten gern alles passieren, was in dieser Welt unmöglich scheint.
Ich plotte kaum – und glaubt mir, ich habe es wirklich versucht. Meine Geschichten entwickeln sich mit den Figuren. Intuitiv. Atemzug für Atemzug. Manchmal chaotisch, manchmal klar, aber immer mit Herz.
Ich schreibe oft zu Musik – von Pop bis dramatischer Filmmusik – und fast immer mit einer Tasse Kaffee in der Hand. Ich bin auch abseits vom Schreiben sehr chaotisch. Ich räume mein Zimmer vielleicht einmal im Jahr auf – wenn überhaupt. Ich vergesse ständig Dinge, verliere Sachen, die ich eigentlich in der Hand trage … So sind meine Geschichten auch. Chaos pur – aber ich lieb’s.
Schreibblockaden nehme ich zuerst mit Panik entgegen, aber irgendwann gebe ich mich ihnen hin, lasse Billie Eilish laufen, verliere mich auf Pinterest – und zack, eine neue Idee formt sich leise in meinem Kopf.
Ein perfekter Schreibtag beginnt mit Regen, Ruhe und einer Playlist, die mich direkt in die Stimmung zieht. Ich liebe es, auf der Couch zu schreiben, während ich dem Prasseln des Regens auf der Fensterscheibe lausche. Wenn es dann noch schneit, ist alles perfekt.
Ich liebe Zitate. Die Kraft weniger Worte, die im Kopf bleiben. Meine liebsten bringe ich oft – vielleicht zu oft – in meine Texte ein. Viele meiner Geschichten handeln von Unterdrückung, Identität, der Suche nach dem eigenen Platz. Ich bringe meine Meinung darin unter, nicht als Predigt, sondern als Teil des Herzschlags der Geschichte. In der Realität traue ich mich oft nicht, laut zu sprechen. In der Fantasie schaffe ich es kaum, zu schweigen.
Worte sind die besseren Waffen.
Ich schreibe, weil ich mich in der Fantasie verlieren will, weil ich mehr als ein Leben leben will und weil es mich gerettet hat. Weil ich weiß, dass Geschichten Türen öffnen können – nach außen und nach innen. Und wenn sich nur eine Person in meinen Texten wiederfindet, dann hat sich alles gelohnt.
Ich schreibe, weil so alles möglich wird.
mit freundlicher Genehmigung.
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